Kostas Pur - Ein Erlebnisbericht
Dieser freundliche Bericht erreichte mich heute - und ich möchte ihn gerne mit meinen Freunden teilen:
Kostas Pur - Kostas Papanastasiou erzählt und singt aus der griechischen Mythologie und Lieder seines Lebens - 1.Mai 2009, Kammermursiksaal der Philharmonie.
Das erwartungsfreudige Gemurmel im Saal verstummt, als das Licht schwächer wird. Die Bühne liegt im Dunklen, nur die Gitarre, das Mikrofon und ein Stuhl werden angestrahlt. Am Bühnenrand öffnet sich eine Tür und eine Gestalt kommt heraus. Wird deutlicher, Schritt für Schritt. Tritt in den Lichtkegel. Kostas. Ganz allein. Setzt sich auf den Stuhl und beginnt zu erzählen. Von seiner Mutter. Die ein Lied sang mit Worten, die nur noch ein Sprachforscher entschlüsseln könnte. Kostas sitzt da, faltet die Hände und lauscht in sich hinein. Läßt Töne kommen. Einer Messe gleich in einem sakralen Raum. Bloße Töne, ohne den Schutz von Gitarrenklängen. Es gelingt, das Lied erreicht die Zuhörer.
Kostas, Jüngster von fünf Brüdern und einer Schwester. Fühlte die Mutter sich drangsaliert, verglich sie manchmal die Kinder mit den Freiern der Penelope. Wer ist das? Die Mutter konnte nicht lesen, doch erzählen. Wußte manches auswendig. So gar den Erlkönig auf griechisch.
Ein Großvater war Priester. Er blieb den olympischen Göttern verbunden und gab ihre Geschichten an den Enkel weiter. So lernte Kostas auch seine andere Verwandtschaft, seine Ururgroßeltern Zeus und Hera und ihre Nachkommen kennen. Das Wissen um diese griechische Großfamilie nahm Kostas mit, als er 18jährig, die Heimat verließ. Über Wien kam er nach Berlin. Widmete sich ernsthaft der Architektur und dem Schauspiel. Doch die Mythen, die Lieder drängten, wollten weiter gegeben werden.
Und so spinnt Kostas manche Fäden der Ariadne weiter. Erzählt von der erstaunlichen Macht der Tränen. Als Ariadne, schmählich von Theseus auf Naxos verlassen, bitterliche Tränen weinte, erschien ein lieblicher Jüngling vor ihr. Weinte man damals andere Tränen als heute? Tränen, die etwas bewirkten.
Wie ein Lied, ein einfaches Liebeslied. Kostas sang es bei einem Treffen von Dichtern in Serbien. Eine kleine Gruppe, 15 Menschen. Kroaten, Serben und andere. Wollten nichts miteinander zu tun haben, unternahmen alles getrennt in kleinen Gruppen, saßen nicht an einem Tisch. Abends sang Kostas, und als er das Liebeslied anstimmte, fühlte sich plötzlich jeder angesprochen. Zeigte es mit dem Aufblitzen von Feuerzeugen. Kamen zur Bühne, umringten Kostas. Miteinander. Wahrscheinlich haben sie auch gelacht. Auch wenn Kostas meint, seine Zuhörer nie zum Lachen zu bringen. Doch es gibt auch ein innerliches, leises Lächeln. Berührt sein im Mitfühlen. Wie es im Gedicht 'Liebe Deinen Nächsten' anklingt. Das Gedicht ist nachzulesen in einem kleinen Band, gerade zum Konzert erschienen. Eine Überraschung für den Sänger, der sich nicht darum bemüht hatte, diese 'privaten Gedichte' zu veröffentlichen. Seine Frau Monika überraschte ihn mit diesem, im Heidi-Ramlow-Verlag erschienen Band - liebevoll gestaltet, mit Fotos und einem Omega-Lesezeichen.
Im Laufe des Abends greiff Kostas immer wieder die Geschichte der Königstochter Europa auf. Schließlich gab sie einem ganzen Kontinent ihren Namen. Kostas zupfte ein wenig an der Überlieferung des Mythos. Einleuchtend. Warum soll Europa, die sich in den weißen Stier mit den glänzenden Mondhörnern verliebte hatte, sich vertrauensvoll auf seinen Rücken schmiegte, nicht damit einverstanden gewesen sein, als er mit ihr ins Meer hinaus schwamm. Europa war ein junges Mädchen. Spürte, daß es Zeit war, das Elternhaus zu verlassen. Mit dem, den sie liebte. Sie glaubte an ihre Liebe. Der Stier brachte sie nach Kreta und entpuppte sich als Zeus.
Der Mythos spinnt sich fort, wird von Kostas weitergetragen. Er verwandelt Raum und Zeit. Der Kammermusiksaal wurde so privat, als säße man im Terzo Mondo. Wie dort, hörte man den Wind mit den Wellen spielen und das Ägäische Meer rauschen - so bannte Kostas sein Publikum. Bewegender und langer Applaus. Ein magischer Moment, wie er so da steht. Das weiße Haar umflammt ihn. Langsam geht er von der Bühne, taucht ein in Nebeliges. Bleib, möchte man rufen.
Der Abend setzt sich fort in Kostas Kneipe, dem Terzo Mondo. Kostas greift erneut zur Gitarre. Er hat viel zu erzählen. Viel zu sagen. Regt zum Nachdenken an. Zum Überdenken dessen, was man zu wissen glaubt. Kostas, nicht ermüdender Reisender in den Meeren der Mythen. Beschenkt die, die zu ihm kommen. Nicht nur dafür wirst du, Kostas, geliebt.
Salean A. Maiwald